Getriebe 5R55E - Wechsel der Dichtungen im Steuerblock

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bulli-bastler
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Getriebe 5R55E - Wechsel der Dichtungen im Steuerblock

Beitrag von bulli-bastler »

Hallo zusammen,

Bevor ich mit der Beschreibung beginne, kurz noch eine Einleitung, wie es überhaupt soweit kam, dass ich die Dichtungen im Steuerblock gewechselt habe.

Seit ich meinen Explorer im April 2013 gekauft habe, hatte ich immer mal wieder leichte Getriebeprobleme, vornehmlich mit dem Rückwärtsgang.
Die Probleme fielen während der Probefahrt sowie im normalen Alltagsbetrieb so gut wie nicht auf, lediglich in ein paar speziellen Situationen machten sie sich bemerkbar.

Bei Rückwärtsfahren gegen einen Wiederstand, z.B. mit den Hinterrädern am Randstein anstehend kam es vor, dass ich Gas gab, ohne das der Wagen sich bewegte. Mehr Gas verursachte dann auch mal ein unschönes Geräusch und es verbreitete sich ein leichter Kupplungsgeruch.
In der Ebene oder am Hang war dagegen kein Problem und einmal im Rollen ging es dann auch den Randstein hoch, im Urlaub sogar Rückwärts mit Wohnwagen auf eine Fähre.

In der kalten Jahreszeit musste ich hin und wieder erst etwas Gas geben, damit die Schaltstufe D oder R schalteten. Manchmal hatte ich dann das Gefühl, dass die Gänge auf den ersten Kilometern „durchrutschten“.
Beim Bergabfahren hatte ich auf Schaltstufe 2 und 1 nur eine geringe bis gar keine Bremswirkung.

Bedingt durch diese Schaltprobleme, habe ich mir natürlich auch Gedanken über eine baldige Getriebeüberholung gemacht, aber wie ich es auch aus der Medizin kenne, wollte ich erstmal mit einer weniger Invasiven Maßnahme, nämlich mit einem Getriebeöl Wechsel und dem Nachziehen der Schrauben des Steuerblockes anfangen.
Als dann die Getriebeölwanne runter war, bot sich mir folgendes Bild:

An den Seiten des Rückwärtsservos sind deutlich die schwarzen Fähnchen der defekten Steuerblockdichtung zu sehen.
Bild

Auch am Rand des Servodeckels quellt ein Stückchen Dichtung heraus.
Bild

Da es nun mit einem einfachen Getriebeölwechsel nicht mehr getan war haben wir es beim nachziehen der Schrauben belassen, den alten Filter, die alte Dichtung und die Ölwanne wieder eingebaut.

Somit war nun das Projekt: „Wechsel der Dichtungen des Steuerblocks“ geboren…

Wechsel der Dichtung des Steuerblocks beim 5R55E Automatikgetriebe

Mit dieser Beschreibung schildere ich lediglich, wie wir, Uli (Feldweg) und ich, bei dem Wechsel vorgegangen sind, ich erhebe keinen Anspruch auf eine 100% korrekte Darstellung.

Man sollte sich unbedingt auch den Beitrag von „mijube“ anschauen, da habe ich mir einige Dinge abgeschaut. Die Beschreibung von „mijube“ ist um einiges Umfangreicher als meine, wer also darüber nachdenkt seinen Steuerblock selber zu revidieren sollte sich unbedingt an seine Beschreibung halten.
http://www.explorer4x4.de/viewtopic.php?t=11211


Was wird benötigt?

Material:
Obere Dichtung der Separatorenplatte (Zwischenplatte) 7C155
Untere Dichtung der Separatorenplatte 7D100
Dichtung des Deckels vom Rückwärtsservo
Dichtung für die Getriebeölwanne
Getriebeölfilter
(an dieser Stelle ein Dankeschön an Thomas (anncarina), der die Dichtungen innerhalb einer Woche geliefert hat)
Ca. 7-8 Liter Getriebeöl Mercon V
Vaseline
Alte Lumpen
2-3 Küchenrollen

Werkzeug:
13er Nuss (Ölwanne)
8er Nuss (Ölfilter)
10er Nuss (Steuerblock und Servodeckel)
T-30 Torx (Separatorenplatte)
2 Dorne, Durchschläge oder ähnliches als Führungsstift für den Steuerblock
Kleiner Drehmomentschlüssel ab 5NM
10 Liter Eimer für das alte Öl
Sieb für das Öl in der Getriebeölwanne
diverse Auffangbehälter
Ausdruck des Schraubenschemas
Bild

Das Schraubenschema am besten ausdrucken und auf einen leeren Karton kleben. Anschließend die nummerierten Löcher schon mal ausstanzen.

Das könnte dann so aussehen:
Bild

Zeitaufwand:
wir haben inklusive Mittagspause ca. 4 Stunden gebraucht, es geht aber sicher auch schneller :D

Schön wenn man es hat:
Pumpe zum Öl absaugen
Eine Grube (geht auch ohne, nur nicht so bequem)
Ein zweites Paar Hände kann auch nicht schaden.
Genügend Kaffe und Getränke sowie ein leckeres Mittagessen.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Uli (Feldweg) aus Karlsruhe, der mich mit dem oben genannten tatkräftig unterstützt hat.
Reparaturleitfaden für Automatikgetriebe 5R55E (hat uns sehr geholfen)

Jetzt kann es losgehen...

Getriebeöl absaugen:
Bevor man die Ölwanne abschraubt, sollte man so viel wie möglich Getriebeöl absaugen. Dazu einfach den Ölpeilstab herausziehen und einen passenden Schlauch durch das Rohr des Peilstabes, bis in die Ölwanne schieben.
Elektrische oder Handpumpe anschließen und das Öl in einen Eimer pumpen. Wir haben dazu einen 10 Liter Eimer mit einer Messskala genommen um hinterher zu sehen, wie viel Öl mindestens wieder ins Getriebe rein muss.
Ohne absaugen geht es zwar auch, aber dann nur mit Öldusche…
Getriebeölwanne abschrauben und Ölfilter ausbauen:
Den Hitzeschild auf der Beifahrerseite aus dem Ölwannenrand aushängen.
Eine Wanne zum auffangen des restlichen Getriebeöles unter der Ölwanne palzieren.
Mit einer 13er Nuss die Schrauben der Ölwanne ringsum lösen und herausdrehen. Wer das Öl vorher abgesaugt hat bleibt jetzt von der ganz großen Öldusche verschont, allerdings tropft weiterhin vom Steuerblock das Öl herunter.
Die Ölwanne abnehmen und das restliche Öl am besten durch ein Sieb in den 10 Liter Eimer gießen. Anschließen den Magneten der Ölwanne auf Spänne und starken Metallabrieb untersuchen. Wenn hier schon Metallteile oder grobe Späne findet wird über kurz oder lang um eine komplette Getrieberevision nicht herum kommen.
Mit einer 8er Nuss schraubt man jetzt den Getriebeölfilter ab.
Der alte Filter und die Dichtung der Ölwanne werden entsorgt.

Kabelstrang des Steuerblocks ausbauen:
Als nächstes klipst man vorsichtig den Kabelstrang des Steuerblocks aus und zieht die Stecker von den Ventilen ab.
Bild

Wir haben den Kabelstrang vorsichtig, auf einem sauberen Tuch über den hinteren Kardan gelegt.
Bild

Feder – Arretierhebel – Handschaltventil ausbauen:
Wie auf dem Bild zu sehen ist, die Schraube der Feder lösen und die Feder ausbauen.
Bild

Rückwärtsservo ausbauen:
Die Schrauben dem Servodeckel lösen und herausdrehen. Sobald die Schrauben gelöst sind kommt auch schon wieder Öl von oben…
Wir haben die Schrauben ebenfalls in den Karton mit dem Schraubenschema gesteckt.
Den Deckel abnehmen und darauf achten, dass einem der Servo nicht gleich entgegen kommt, der ist nur eingesteckt.
Auf dem Bild sieht man nun schön die defekte Dichtung des Servodeckels. Diese Dichtung wird in jedem Fall entsorgt.
Bild

Nun kann man den Servo herausnehmen und auf Beschädigungen untersuchen.
Bild

Ventilsteuergehäuse (Steuerblock)ausbauen:
Mit der 10er Nuss werden nun die Schrauben des Steuerblocks gelöst.

Achtung: nicht die Goldfarbenen!!

Wir haben die Schrauben in der Reihenfolge des Schemas zunächst nur gelöst und erst als alle lose waren, diese nacheinander herausgedreht und gleich an die richtige Position in den Karton gesteckt. Der Steuerblock muss während dem herausdrehen der Schrauben nach oben abgestützt werden.
Bild

Wenn die Schrauben gelöst sind läuft auch gleich wieder Öl aus dem Gehäuse heraus.
Bild

Da wir in der Grube gearbeitet haben konnten wir eine backblechgroße, flache Wanne direkt unter den Steuerblock legen. Diese haben wir mit sauberen Tüchern ausgelegt und dann den Steuerblock zu zweit, vorsichtig in die Wanne abgelegt.

Samt Wanne haben wir das Teil auf einer sauberen Werkbank abgelegt.
Auf dem Bild erkennt man nun schön die defekten Stellen der alten Dichtung (rote Pfeile)
Bild

Separatorenplatte (Zwischenplatte)ausbauen:
Es empfiehlt sich den Steuerblock flach liegen zu lassen und nicht um zu drehen.
Die alte Dichtung kann man einfach von der Zwischenplatte abziehen, darunter kommt dann die Platte selbst zum Vorschein.

Mit einem Torx T30 löst man nun vorsichtig die 3 Schrauben (rote Pfeile). Auf dem Bild ist nur noch eine eingeschraubt, die anderen hatten wir bereits entfernt.

Achtung: die Federn der darunterliegenden Ventile drücken die Platte gleich nach oben, am besten also erst alle Schrauben lösen und die Platte dabei vorsichtig nach unten fixieren, nur so fest, dass sich die Zwischenplatte nicht abhebt.
Bild

Sind die Schrauben gelöst, hebt man die Zwischenplatte vorsichtig an. An der Unterseite der Platte können nun Ventile anhaften, die man eventuell mit herauszieht. Also am besten nur leicht anheben und gleich seitlich drunter schauen.
Bild

Wenn nichts kleben geblieben ist, kann man die Zwischenplatte umdrehen und auf einem sauberen Tuch ablegen.

Auf der Rückseite der Zwischenplatte befindet sich die obere Steuerblock Dichtung. Diese kann man nun ebenfalls abziehen und entsorgen, eventuelle Reste die kleben geblieben sind, müssen komplett entfernt werden.
Bild

Hier hat man nun einen schönen Blick in den offenen Steuerblock.
Bild


Dichtungen im Steuerblock einbauen:
Die Unterseite der Zwischenplatte wird nun mit Vaseline bestrichen um die neue Dichtung zu fixieren. Die Dichtung muss exakt nach den vorhandenen Bohrungen ausgerichtet werden.

Anschließend wird die Zwischenplatte umgedreht und vorsichtig mit der neuen Dichtung nach unten, auf den Steuerblock aufgelegt.
Sobald die Platte an ihrer Position ist, werden die drei Torx Schrauben mit einem T30 Bit erst Handfest eingedreht und anschließend mit 11 NM angezogen.

Nun wird auch die Oberseite der Zwischenplatte mit Vaseline eingestrichen um die zweite Steuerblock Dichtung zu fixieren.
Zum Ausrichten wird hier normalerweise ein spezielles Ausrichtwerkzeug verwendet, wir haben es ohne gemacht.

(In Ermangelung von Vaseline haben wir die Dichtungen mit frischem Getriebeöl eingerieben, damit ließen sich die Dichtungen auch sehr gut fixieren.)
Bild

Steuerblock wieder einbauen:
Wir haben den Steuerblock zunächst samt der Backblechwanne wieder unter dem Getriebe platziert.
Als Führungsstifte haben wir zwei Durchschläge verwendet, sicher kann man auch Schraubendreher oder etwas anderes nehmen.
Jeweils am Kopf und am Fußende des Steuerblockes haben wir einen Durchschlag, von unten durch das Loch mit der Nummer 20 und 21 gesteckt. Dann haben wir den Block langsam angehoben und die oberen Enden der Durchschläge in die entsprechenden Löcher im Getriebe eingefädelt. Schließlich haben wir den Block gleichzeitig angehoben und in seine richtige Position gebracht.

Hier muss man gut aufpassen, dass der Bolzen des Arretierhebels gleich richtig in der Führung des Handschaltventiles sitzt.
Wir hatten es trotz dem vorherigen Lesens des Beitrages von „mijube“ geschafft, den Steuerblock komplett einzubauen ohne, dass der Bolzen in der richtigen Position war…
Bild

Dann werden die Schrauben entsprechend der Nummerierung des Schraubenschemas zunächst nur Handfest eingeschraubt und anschließend in der gleichen Reihenfolge mit 8-11 NM festgezogen.

Nun wird die neue Dichtung des Rückwärsservo auf den Servodeckel gelegt und der Servo wieder an seinen Platz geschoben.
Den Deckel erst wieder Handfest anschrauben und dann über Kreuz entsprechend dem Schraubenschema mit 11NM anziehen.

Dann wird die Feder des Arretierhebels wieder eingebaut.

Wenn alles verschraubt ist wird der Kabelstrang wieder in seine Position gebracht und die Stecker wieder auf die Ventile gesteckt.

Als letztes wird der neue Ölfilter eingesetzt. Dazu werden die beiden Dichtungen eingeölt, der Filter an seinen richtigen Platz gedrückt und anschließen mit der 8er Nuss im Steuerblock festgeschraubt.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt nochmal in sich zu gehen und zu überprüfen ob wirklich alles an seinem Platz ist oder ob noch ein Stecker lose ist, der Rückwärtsservo noch auf der Werkbank liegt oder ein paar Schrauben übrig sind.

Passt alles, kann die Getriebeölwanne montiert werden.

Die neue Ölwannendichtung wird mit 4 Schrauben an der Getriebeölwanne fixiert. Dann wird die Wanne am Getriebe in Position gebracht und über Kreuz mit 13-15 NM festgeschraubt.

Insgesamt hatten wir am Ende etwa 6,5 Liter alten Getriebeöl in unserem Eimer, also haben wir auch wieder 6,5 Liter Öl eingefüllt.
Nach ca. 20 Minuten Wartezeit kann man den Motor starten und mit getretener Bremse alle Gänge durchschalten.

Wichtig:
unbedingt noch mal unter dem Wagen schauen ob alles Dicht ist. Sobald der Motor Betriebstemperatur hat, den Getriebeölstand bei laufendem Motor überprüfen.

Fazit:
Mit dem Wechseln der Dichtungen im Steuerblock sind von jetzt auf gleich all meine „Getriebeprobleme“ verschwunden.

Der Rückwärtsgang hat jetzt richtig Dampf und der Bordstein ist kein Problem mehr
Die Fahrstufen schalten Temperatur unabhängig ohne Gas zu geben.
Die Bremswirkung in Fahrstufe 1 und 2 ist so wie es sein soll.

Natürlich hätte es auch anders sein können aber der Versuch war es mir wert.

Vermutlich habe ich nicht wirklich einen Getriebeschaden verhindert, aber vielleicht einige Tausend Kilometer hinausgezögert…

Viel Spaß beim nachschrauben…
Viele Grüße Marc

2000 Ford Explorer XLT 4WD 4.0 V6 SOHC 16V
Prins Gansanlage
VIN:1FMDU73E0YUB47117

Dacia Duster Bj. 2010
1995 Kawasaki VN750
1992 Honda VT500C (linker Seitendeckel gesucht)
1977 Wohnwagen LMC Siesta Münsterland
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